Sein Charisma der Krankenheilung

1. Erfahrung einer ersten Heilung im Namen Jesus

Die Vorbereitung

Es dürfte 1801/1802 gewesen sein, dass Niklaus Wolf ernsthaft krank war. Diese Krankheit wurde für ihn besonders wichtig, weil er dann zum ersten Mal die Kraft des Namens Jesus am eigenen Leib erfahren durfte. Er erzählte seinem Biographen und priesterlichen Freund:

„Ich litt ein ganzes Jahr lang an einem Magenübel und Herzleiden, so gewaltig, dass ich beinahe keine Speise mehr vertragen mochte. Das ganze Jahr hindurch wandte ich ununterbrochen ärztliche Hilfe dagegen an, aber vergeblich. Von der Anwendung der geistlichen Heilart hielt mich damals noch Scheu ab. Eines Abends aber, als ich mit meinem geistlichen Vetter neuerdings über das Gebet im Namen Jesu ein kräftiges Wort gewechselt und mich später zur Ruhe begeben hatte, rief ich, durch mein Übel daran gemahnt, ganz schüchtern noch, den heiligen Namen Jesus dawider an und war augenblicklich von allem Schmerz und aller Empfindung das Übels befreit und blieb es.“
Niklaus Wolf war durch den Bruder eines Schwagers, den Priester Ludwig Stocker, Kaplan in Menznau (1784–1825), mit der Literatur über das geistliche Heilen in Kontakt gekommen. Das Erlebnis seiner eigenen Heilung hatte zur Folge, dass er sich noch intensiver mit diesem Thema befasste. Sein Heilungserlebnis behielt er aber für sich.

Es gab damals viele Streitschriften, die sich mit dem Priester Josef Johann Gaßner (1727-1779), „der mit einfältigem Glauben unzählige merkwürdige Heilungen und andere höchst auffallende wunderbare Taten im Namen Jesus vollbrachte“, befassten. Die ganze gelehrte und politische, sowie die kirchliche Welt kam darüber in Bewegung. Sein Wirken wurde polizeilich und wissenschaftlich von Rechtsgelehrten, von Ärzten, Physiologen und Theologen untersucht und bestand die Probe. Auch Johann Caspar Lavater (1741-1801), der reformierte Pfarrer und Schriftsteller in Zürich, befasste sich im positiven Sinn mit Gaßner, ebenso der berühmte Professor und spätere Bischof Johann Michael Sailer. Niklaus Wolf las solche Schriften. Dazu kamen verschiedene Büchlein über die Kraft des Namens Jesus. In der Bibliothek von Vater Wolf findet sich ein Büchlein mit dem Titel: „Gründlicher Unterricht, wie jeder Christ sich selbst in Versuchungen, Krankheiten, Unglücksfällen helfen, sie von sich abtreiben und dagegen sich verwahren kann.“ Es kam 1802 ohne Angabe von Verfasser und Ort heraus. Das Werk „Der allzeit siegende Christ“ (1787) liess Niklaus Wolf 1808 seinem Bruder P. Leopold überbringen.

Niklaus Wolf war keineswegs leichtgläubig. Sein Biograph schreibt: „... er hatte soviel Misstrauen gegen sich selbst und war andererseits mit seinem Gemüte so fest an die Kirche, als an die Säule der Wahrheit, gläubig gebunden, dass er in dieser Sache nicht auf sich selbst bauen wollte, sondern Belehrung und Rat von der Kirche wünschte.“ Er verglich und prüfte das Gelesene an dem, was er in den Gottesdiensten hörte und sah, und unterhielt sich oft mit dem Priester aus seiner Verwandtschaft. Das Evangelium vom Fest Christi Himmelfahrt und die Gebetstexte bei den Segnungen und Exorzismen hörte er ganz neu.

Die eigentliche Berufung

Gegen das Ende seiner Ratsherrenzeit, wohl im Oktober 1804, musste er eine Sitzung wegen eines heftigen Schmerzes im Fuss verlassen und sich auf den beschwerlichen Heimweg machen. „Auf dem Heimweg stellte er Betrachtungen an, die nicht mit denen auf der Ratsstube zusammenhingen. Der Name Jesus war der Gegenstand derselben und glänzte in solcher Herrlichkeit vor seinem Gemüte, dass alle Übel des Zweifels verschwanden. Es wurde in ihm lichthell.“ Der Diener Gottes erzählte selber: „Ich fasste ein Herz, ein allgewaltiges Vertrauen zum Namen Jesus und rief ihn wider mein Übel an, und dieses wich augenblicklich mit allen seinen Begleiterscheinungen. Da fuhr es wie Feuer durch meine Seele, und ich konnte nicht genug danken und lobpreisen und bewundern. Mein Herz war voll und bewegt bis nach Hause und noch Tage und Wochen lang von diesem Zeichen.“

Das war wie ein wahres Berufungserlebnis, nachdem er es im Grossen Rat nicht mehr aushielt. Er konnte dieses innere Geheimnis zwar bei seinem Rücktritt nicht erwähnen, aber es gab dem Leben des Dieners Gottes eine ganz neue Ausrichtung: Sein Einsatz für das Wohl des Volkes sollte nicht mehr auf der Ebene der Politik, sondern auf der Ebene der Gnade erfolgen. Gott hatte ihm eine besondere Aufgabe zugedacht und ihn dazu besonders ausgestattet: Er sollte „der Vater des Glaubens für den ganzen Kanton Luzern und darüber hinaus“ werden, wie sein Biograph später bezeugt. Für diese Aufgabe war ihm das Charisma der Krankenheilung geschenkt worden.

Äussere Umstände zeigten Vater Wolf den weiteren Weg. Er bekannte: „Ich wagte — weil mein Herz zu voll davon war — wenn in meinem Haus und in meiner Verwandtschaft und Nähe ein Leiden, eine Not war, vom Namen Jesus, vom Glauben und Vertrauen zu reden. Ich betete um Hilfe im Namen Jesus und erlangte … Um was ich im Namen Jesus den Vater im Himmel bat, erhielt ich. Wie konnte ich noch zweifeln, ich tat keine einzige Fehlbitte zum Herrn!“ Es sprach sich schnell herum, dass man durch Vater Wolf in vielen Nöten Hilfe erlangen konnte. Bald kamen die Kranken und mit Sorgen Beladenen von nah und fern nach Rippertschwand, um durch sein Gebet Heilung zu erlangen. Viele liessen ihn auch kommen, sodass Vater Wolf oft den Pflug mit dem Wanderstab vertauschen musste. Er sagte dazu: „Ich glaubte es der Ehre Gottes und der Liebe zum Nächsten schuldig zu sein, für sie zu beten und den Namen des Herrn über sie anzurufen. Was konnte ich dafür, dass der Herr so augenscheinlich half! Bald wurde dies mein Tagewerk. Ich wurde da- und dorthin gerufen, und wohin ich gerufen wurde, dorthin ging ich in Gottes Namen.“

So wurde Niklaus Wolf zum grossen Helfer des Volkes im ganzen Kanton Luzern und in den angrenzenden Gebieten. Er ging aber nur dorthin, wohin er gerufen wurde oder wohin ihn eine innere Anregung drängte. Doch wurde der Andrang bald dermassen gross, dass sein Beruf davon betroffen wurde. So übergab Niklaus Wolf im Alter von 50 Jahren den Hof seinem Sohn.

Seine Heilungstätigkeit durch das Gebet brachte dem frommen Bauern aber nicht nur Freunde. Er wurde von aufgeklärten Geistern als Scharlatan abgetan und zeitweilig sogar polizeilich überwacht. Auch von Seite der Geistlichen schlug ihm Misstrauen entgegen: ein Laie, der es wagte, Menschen zu segnen und mit ihnen um Heilung zu beten, der überschritt seine Kompetenz! Und so kam es, dass Niklaus Wolf während einem Jahr von Generalvikar Göldlin in Beromünster ein Heilungsverbot auferlegt wurde, welches Niklaus Wolf ohne Murren als Gehorsamkeitsprüfung befolgte. Schweren Herzens wies er die zahlreichen Bittstellenden auf seinem Hof ab. In den zehn Monaten des Verbotes erhielt Gödlin aber dermassen viele Briefe mit der Bitte, Niklaus Wolf doch zum Wohl des Volkes wieder seine Tätigkeit ausüben zu lassen, dass er nicht nur das Verbot aufhob, sonderm dem frommen Bauern aus der Rippertschwand auch noch eine offizielle schriftliche Erlaubnis für seine Heilungstätigkeit ausstellte.

Das Gebet um Heilung wurde sein Beruf bis zu seinem Tod in St. Urban im Jahr 1832. Bevor er mit den Leidenden um Heilung bat, stärkte er im gemeinsamen Gebet das Vertrauen zu Gott. Stets verwies er darauf, dass Gott und nicht er geholfen habe. Das Volk gab ihm bald den Ehrennamen „Vater Wolf“, der seine Tätigkeit in der Überzeugung ausübte, dass sie dem Willen Gottes entsprach und für ihn eine Pflicht der Nächstenliebe sei.

Wir verwenden Cookies!

Diese Seite verwendet Cookies. Einige davon sind essenziell und andere helfen mir dabei, diese Webseite zu verbessern und Dein Erlebnis zu optimieren. Weitere Informationen findest du im Disclaimer.

speichern
x