Niklaus Wolf wurde am 1. Mai 1756 auf dem grossen Bauerngut Unterlindig — mit herrlichem Blick auf den Sempachersee und in die schneebedeckten Alpen — geboren. Er wurde am gleichen Tag getauft auf den Namen Nikolaus Philipp. Hier verbrachte er im Kreis einer grossen Familie die ersten 12 Jahre seines Lebens. Der Hof Unterlindig liegt ca. 3 km westlich von der Pfarrkirche Neuenkirch, auf 670 m ü.d.M. am nordöstlichen Abhang des Ruswiler Berges.
Sein Vater Johann Wolf (1724–1799) war ein angesehener Mann, der reichste Bauer in Neuenkirch. Neben Unterlindig gehörten ihm auch die angrenzenden Höfe: Kuhrüti und Willistatt. Er war Kirchmeier und „Geschworener“ in der Gemeinde Neuenkirch. Später brachte er es zum Amtsweibel im Amt Rothenburg, zum höchste Amt, das ein Untertan unter der aristokratischen Regierung erreichen konnte. Als Johann Wolf 22 Jahre zählte, fiel ihm nach dem Tod seines Vaters die Verantwortung für das väterliche Erbe zu. 1749 gründete er mit Anna Maria Muff vom Sellenboden eine eigene Familie. Zwölf Kinder wurden ihnen geboren, sechs von ihnen starben bei der Geburt oder als kleine Kinder. Nikolaus Philipp war das fünfte Kind.
Am 30. August 1766 schloss der Vater Johann Wolf mit einem Klaus Wolf-Helfenstein, dem Besitzer des Hofes Rippertschwand, einen Vorkaufsvertrag ab. Der eigentliche Kauf sollte ein Jahr später getätigt werden. Für die 85 Jucharten – Wald nicht miteingerechnet – zahlte er 14'800 Gulden. Am 30. Oktober 1767 verpachtete Johann Wolf den Hof in Willistatt einem Arthemi Bühlmann in der Mühle bei Willistatt und am 4. November den Hof Unterlindig einem Josef Stocker aus Abtwil. Die Übernahme des Lehens wurde auf Mitte März 1768 vereinbart.
Mitte März 1768 verliess Johann Wolf mit seiner Familie den von seinen Vorfahren ererbten Hof Unterlindig und zog auf den Hof Rippertschwand. Niklaus war zu diesem Zeitpunkt zwölf Jahre alt. Der Hof in der Rippertschwand sollte zu Niklaus Wolfs Wohn- und Wirkungsort bis zu seinem Tod werden. Das Wohnhaus steht heute noch, wurde aber stark verändert.
Rippertschwand ist älter als Neuenkirch. Noch 1601 gehörte Neuenkirch zum Steuerviertel Rippertschwand, einem kleinen Weiler mit 6 Wohnhäusern und 5 andern Gebäuden. Rippertschwand liegt in der Mitte zwischen Neuenkirch und Rothenburg, ca. 1500 m östlich der Pfarrkirche Neuenkirch und ca. 5 km südöstlich von Sempach, auf 553 m ü.d.M. In diesem Weiler steht eine kleine Wendelinskapelle. Von der Zehntpflicht her war Rippertschwand zusammen mit Sempach nach dem Stift St. Leodegar in Luzern orientiert. Bis 1807 gehörte es zur Pfarrei Sempach, obwohl der Weg nach Neuenkirch viel kürzer war. Der Hof, den Johann Wolf erworben hatte, war die grösste Liegenschaft Rippertschwands. Sie umfasste neben 85 Jucharten Land und Wald (heute ca. 25 Hektaren) ein stattliches Luzerner Bauernhaus, das auch einer grossen Familie mit Knechten und Mägden Platz bot, eine Scheune, ein Waschhaus und ein Getreidespeicher.
Die erste Gattin von Johann Wolf starb am 2. Juni 1773. Ein Jahr später schloss Johann Wolf eine zweite Ehe mit der Witwe Maria Anna Müller (1722-1782), geborene Schmid, vom benachbarten Hof Neuhus. Sie war in der ersten Ehe Mutter von sieben Kindern, von denen Maria Barbara (geboren am 18. August 1750) später die Frau von Niklaus Wolf wurde. Der 18-jährige Niklaus arbeitete zu dieser Zeit daheim auf dem Hof; seine Brüder Martin und Franz studierten in Luzern; die Schwestern Maria Anna und Margaritha heirateten in den folgenden drei Jahren.