Der Politiker

1. Niklaus Wolf als Volksvertreter in der Nationalversammlung

Der etwa 40-jähriger Niklaus Wolf erlebte als gewählter Volksvertreter den tiefgreifendsten Umbruch des Standes Luzern und der Eidgenossenschaft in ihrer ganzen Geschichte. Er war nämlich mit der höchsten Stimmenzahl in die Luzerner Nationalversammlung gewählt worden, welche aber nur während des Monates März 1798 Bestand hatte, bevor die alte Eidgenossenschaft unterging. Die eidgenössischen Gebiete wurden weitgehend von der französischen Armee besetzt. Als Mitglied der Nationalversammlung erlebte Niklaus Wolf in diesem Monat alle Höhen und Tiefen der Politik hautnah. Er dachte wohl an diese Erfahrungen, als er klagte: „… Wie sollte aber auch der ungebildete und unerfahrene Landmann dem Wirrwarr der neueren Politik gewachsen sein? Mir ward allemal schwer und bang, wenn ich zu diesem verantwortlichen und schweren Geschäfte gerufen wurde. Und wahrlich, ich konnte mich meiner Stelle weder freuen, noch eine hohe Meinung davon fassen.“

2. Religiosität in der Helvetik

Am 12. April 1798 wurde in Aarau, dem provisorischen Sitz der neuen Zentralregierung, die neue Helvetische Republik ausgerufen. Niklaus Wolf hatte nach der Auflösung der Nationalversammlung kein politisches Amt mehr. Er verhielt sich aber loyal gegen die neue Ordnung und leistete am 22. August 1798 den geforderten Bürgereid. Mit Sorge aber beobachtete Niklaus Wolf die Massnahmen der Regierung, die darauf abzielten, die Klöster aussterben zu lassen. Er sah in den Klöstern „Festungen der Religion“, die er während seines ganzen Lebens konsequent verteidigte.

Nachdem die Innerschweiz besiegt war, kam die Zentralregierung der Helvetik nach Luzern. Sie bestand aus mehrheitlich reformierten Regenten. Im März 1799 stand die grosse „Romfahrt“, der „Musegger Umgang“, in der Stadt Luzern bevor. Zu diesem Anlass traf sich  jeweils die ganze Innerschweiz in der Stadt. Es waren oft über 10'000 Leute, die nicht nur beten und den Ablass gewinnen wollten, sondern auch noch andere Geschäfte erledigten. Ein solcher Volksauflauf von Leuten, die der Regierung nicht wohlgesinnt waren, machte derseben Angst. In der Folge versuchte der regierungsfreundliche Stadtpfarrer diese und andere grosse Prozessionen einzuschränken. Als Niklaus Wolf davon hörte, setzte er sich in Verbindung mit dem Stift Beromünster und dessen Chorherren erfolgreich für die Beibehaltung dieser frommen Bräuche ein.

Am 10. November 1798 schaffte die Helvetik alle Feudallasten (Zehnten) ersatzlos ab, was vor allem die Bauern freute, die damit von ihren Abgaben befreit wurden. Auch Niklaus Wolf brauchte die Zehnten nicht mehr. zu bezahlen. Da aber die Verhandlungen über die Alternativen zum Zehnten ergebnislos blieben, waren viele Geistliche, Stifte und Klöster in ihrer Existenz bedroht. Als die Regierung nach zwei Jahren keinen Ersatz für die Zehnten fand, wurde die Zehntpflicht wieder eingeführt. Darauf hin zahlte Niklaus Wolf dem Stift St. Leodegar in Luzern freiwillig die ausgefallenen Zehnten nach, was im Protokoll dankbar erwähnt wurde: „Es wäre gut, wenn sich unter der christlichen Herde viele solche Wölfe befänden.“

3. Niklaus Wolf nimmt teil am Aufstand gegen die Helvetik

Die Helvetische Zentralverfassung bewährte sich für die Schweiz nicht. Darum gab es von 1800 an mehrere Verfassungsänderungen und Regierungsumbildungen. Als 1802 Napoleon die französischen Truppen aus der Schweiz zurückzog, erhob sich im September ein allgemeiner Aufstand gegen die Zentralregierung, welche bis an den Genfersee fliehen musste. Nur in der Stadt Luzern blieb ihr Statthalter im Amt, obwohl sich in Schwyz schon eine neue Regierung gebildet hatte, welche die föderalistischen Verhältnisse wieder herstellen wollte. Um den helvetischen Statthalter in Luzern aus seinem Amt zu treiben, sammelten sich an verschiedenen Orten bewaffnete Bauern. Auch Niklaus Wolf war dabei, als sie von Sempach her in die Stadt zogen und den Statthalter zum Abdanken zwangen.

Da die aufständische Regierung in Schwyz kein Geld hatte, wurde eine freiwillige Kriegssteuer angeordnet. In jeder Gemeinde sollte ein Beamter zusammen mit einem andern „achtbaren Mann aus der Gemeinde“ die freiwilligen Beiträge sammeln. In Neuenkirch war dieser „achtbare Mann“ Niklaus Wolf von Rippertschwand. Die Sammlung ergab 319 Gulden, 13 Schillinge. Niklaus Wolf spendete 9 Gulden. Niemand in Neuenkirch gab mehr. Das Ergebnis der Sammlung in Neuenkirch war im Vergleich mit den andern Gemeinden im Kanton ausserordentlich hoch, was mit grosser Sicherheit dem Einsatz und Einfluss von Niklaus Wolf zu verdanken ist.

3. Niklaus Wolf im Grossen Rat

Am 10. März 1803 löste sich die helvetische Regierung auf und es trat nach der Mediation durch Napoleon die neue Verfassung in Kraft. Niklaus Wolf wurde als Kandidat für den Grossen Rat aufgestellt und gewählt. Die Grossräte waren auf Lebenszeit gewählt; der Präsident bemerkte aber, „dass, wenn jemand gesinnt wäre, die Entlassung als Grossrat zu geben, derselbe befugt sei, in solche Begehren einzutreten.“ Dies ist wichtig für Niklaus Wolf, der nach nur einem Jahr als erster seinen Rücktritt erklärte.

So stand Niklaus Wolf  nun zum zweiten Mal an vorderster Front beim Aufbau einer neuen Staatsordnung für den Kanton Luzern. Vieles, was die Grossräte damals festlegten, hat sich sich bis heute bewährt: Die alten Vorrechte der Aristokratie waren abgeschafft; Stadt und Land bildeten gleichberechtigt ein einheitliches und souveränes Staatswesen.

Als bescheidener einfacher Bauer, als der sich Niklaus Wolf stets selbst bezeichnete, fühlte er sich in diesem politischen Amt nie wohl; auch litt er als Gläubiger darunter, dass religiöse Grundwerte im Namen der Aufklärung aus der Politik verdrängt wurden. Im Vertrauen darauf, dass er im Gebet und mit seinem in dieser Zeit entdeckten Charisma der Heilung der Bevölkerung besser helfen könne, reichte Niklaus Wolf im Jahr 1804 seinen Rücktritt aus dem Grossen Rat ein, welchen dieser zuerst ablehnte, im April 1805 aber offiziell annahm, da Niklaus Wolf nicht mehr im Rat erschien.

Und doch sollte sein Einfluss auch in der Politik nicht nachlassen: in seinem um über dreissig Jahre jüngeren Freund und Schüler Joseph Leu lebten Wolfs Grundwerte in der Demokratie weiter. Die Annahme der von Joseph Leu verfochtenen Verfassungsrevisison im Jahr 1841 liest sich wie Niklaus Wolfs politisches Vermächtnis zehn Jahre nach seinem Tod im Jahr 1832.

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